Lesegesellschaft Müllheim in der Mediathek
Lesegesellschaft Müllheim von 1789 e.V.
In der Mediathek ist seit deren Bestehen auch die Lesegesellschaft Müllheim von 1789 e.V. beheimatet. Die traditionsreiche „Lese“ ist der zweitälteste Verein der Stadt.
Seit den sechziger Jahren wandelte sich die Lesegesellschaft Müllheim aber mit Blick auf ihren Ursprung zu einer literarischen Vereinigung, die zugleich – wie schon immer – eine eigene Bibliothek unterhielt. Geselligkeiten hatten und haben sehr wohl weiter ihren Platz, aber als literarische Geselligkeiten. Und die Beschäftigung mit Literatur, Sprache und geisteswissenschaftlichen Themen steht grundsätzlich bei jeder Art von Zusammenkunft im Mittelpunkt. Veranstaltungsort ist in der Regel die Mediathek, in die im Jahre 2000 auch die Bibliothek der Lesegesellschaft übernommen worden ist. Seither kooperieren Mediathek und Lesegesellschaft eng und vertrauensvoll miteinander.
Veranstaltungsprogramm
- Vorträge über literarische Werke sowie Autorinnen und Autoren aus Vergangenheit und Gegenwart. (In der Regel mit anschließendem Gespräch.)
- Lesungen aus literarischen Werken durch Vortragende, auch mit musikalischer Begleitung
- Autorinnen- und Autorenlesungen
- Literarische Veranstaltungen unterschiedlicher Form mit Schülerinnen und Schülern
- Diverse Geselligkeiten (Sommerfest mit Lesung eigener Texte, adventliches Beisammensein mit Lesung, Ausklang nach größeren Veranstaltungen mit Wein und Gugelhupf)
- Ein literarischer Ausflug im Jahr (z.B. ‚Auf den Spuren J. P. Hebels in Hausen und Lörrach‘ im Jahre 2019)
Bei all diesen Veranstaltungen treten sehr oft Mitglieder oder Gäste aus der näheren Umgebung als Vortragende, Moderierende und Lesende auf, aber auch – z.T. prominente – Gäste von weiter her. Besonders im letzten Fall kooperiert die Lesegesellschaft meistens mit anderen Institutionen als Mitveranstaltern, wie die Mediathek, die Buchhandlung Beidek oder der Museumsverein.
Bei nahezu allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen.
Der Verein trägt sich über Mitgliedsbeiträge, Spenden und Eintrittspreise für Gäste selbst, auch weil die Mitglieder grundsätzlich honorarfrei auftreten.
Der seit 2014 bestehende Lesekreis des Vereins trifft sich unter Leitung von Dr. Heidemarie Weber zweimal monatlich in der Mediathek, um gemeinsam literarische Werke zu lesen und zu interpretieren. Dieses Angebot wurde und wird von etlichen Mitgliedern gerne angenommen, weil es durch die Möglichkeit zum häufigen und intensiven Austausch im vertrauten Kreis eine willkommene Ergänzung zu den sonstigen Veranstaltungen der Lesegesellschaft bildet.
Geschichte der Lesegesellschaft
Die Gründung des Vereins fällt in das Zeitalter der Aufklärung, in der das zunehmende Verlangen des Bürgertums nach Selbstbildung und gemeinschaftlicher Information über alle Bereiche des Wissens und das Streben nach größerer Autonomie gegenüber dem Staat, nach mehr Selbstbestimmung und Selbstverwaltung sowie freier Kommunikation zu einer „Leserevolution“ führte. Es wuchs in dieser Zeit das Angebot an Zeitschriften und Büchern, und es entstanden zunächst Lesezirkel und Lesekabinette, dann aber demokratisch verfasste Lesegesellschaften. Im deutschen Sprachraum gab es etwa 500 solcher Vereinigungen. In der Anfangszeit wurden neben Zeitschriften fast ausschließlich Bücher, die politisch informierten oder das Allgemeinwissen förderten, angeschafft. Dazu kamen Nachschlagwerke und Reiseliteratur. Je mehr sich dann Frauen die Mitgliedschaft erkämpften, desto mehr wurde auch belletristische Literatur erworben.
Die Lesegesellschaften hatten in den letzten Jahrzehnten des 18.Jahrhunderts ihre große Zeit und wurden sogar teilweise von den Landesherren gefördert. Das änderte sich in der Zeit der Restauration, als die Obrigkeit begann, ihnen zu misstrauen. Das führte zu Verboten und zum Verschwinden vieler dieser Vereinigungen.
Die Lesegesellschaft Müllheim gehört zu den wenigen, die diese Zeit und alle Wechselfälle der Geschichte bis in die Gegenwart überlebt haben. Waren Anschaffung und Ausleihen von Büchern lange Zeit der nahezu einzige Vereinszweck, änderte sich das in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Da gab es plötzlich ein „Pläsir-Komité“, und die damit gemeinte Seite der Vereinstätigkeit hat sich dann stark ausgeweitet: Festlichkeiten, Abendunterhaltungen mit Tanz, Bierabende, Fastnachtsbälle, ein „Bismarck-Fest“ auf dem Hochblauen. Es gab eine Tanzsport-, eine Kegel- und eine Tennisabteilung. Pflege der Geselligkeit stand lange im Vordergrund. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Lesegesellschaft ein Honoratiorenklub, wo man unter sich blieb und auch Kommunalpolitik machte. Geselligkeiten standen auch noch nach zeitweiliger Auflösung des Vereins im Dritten Reich in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Vordergrund.